Wenn es zwei getrennte Geldkreisläufe gibt – wie kommen dann die Staatsausgaben in den Giralgeld-Kreislauf und damit in die Realwirtschaft?
In einem zweistufigen Geldsystem stellt sich folgendes Problem: Die Regierung nutzt für ihre Staatsausgaben nur Zentralbankgeld. Die Staatsausgaben sollen aber an Haushalte und Unternehmen geschickt werden, die kein Konto bei der Zentralbank haben und daher auch kein Zentralbankgeld empfangen können. Privatpersonen haben nur Konten bei Geschäftsbanken, können also nur Giralgeld haben. Wie also kommen die Staatsausgaben in einem zweistufigen Geldsystem zu den Leuten? Es sind die Banken, die das Problem lösen müssen, und zwar indem sie das Zentralbankgeld sozusagen in Giralgeld übersetzen. Wenn die Regierung der Bürgerin B. ihre Rente überweisen will, dann schickt sie staatliches Zentralbankgeld auf das Zentralbankkonto der Bank von Bürgerin B. Die Bank behält das Zentralbankgeld dann selbst auf der Aktivseite ihrer Bilanz und schöpft dafür dieselbe Menge an Giralgeld, indem sie es der Bürgerin B. auf deren Konto gutschreibt. Für die Bank ist das eine Bilanzverlängerung, die ihr Eigenkapital nicht verändert. Die Notwendigkeit, eine Geldsorte in die andere zu übersetzen, führt jedoch insgesamt zu einer doppelten Geldschöpfung: Erst steigt die Zentralbankgeldmenge im Zuge der staatlichen Ausgabe und dann noch einmal die Giralgeldmenge durch die Übersetzung. Wenn wir Steuern zahlen, passiert dasselbe umgekehrt. Die Bürgerin B. schickt Giralgeld ab. Die Bank löscht das Giralgeld vom Konto der Bürgerin B. und schickt stattdessen selbst Zentralbankgeld an den Staat weiter. Für die Bank verkürzt sich dadurch ihre Bilanz wieder.
Mit den Banken als Übersetzerinnen überwinden Staatsausgaben und Steuern die Grenze der beiden getrennten Geldkreisläufe. Dagegen bleibt das Giralgeld, das die Banken schöpfen im unteren Giralgeld-Kreislauf und das Zentralbankgeld, das die Zentralbank für das Finanzsystem schöpft, bleibt im oberen Zentralbankgeld-Kreislauf (siehe Grafik). Die Sache mit den zwei Kreisläufen klingt sehr technisch, ist aber hilfreich, um zu verstehen, warum verschiedene Arten der Geldschöpfung so unterschiedliche Folgen haben. Und die Kreisläufe sind wichtig, um die Rolle der Staatsanleihen zu verstehen, wie wir im Folgenden sehen werden.