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Modernes Geld – Der Staat macht es möglich

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Lektion 2, Thema 11
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Warum sind die Schulden der Regierung nicht vergleichbar mit anderen Schulden?

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Alle Arten der Geldschöpfung werden auf die gleiche Weise mit spiegelbildlichen Forderungen und Verbindlichkeiten für beide Parteien bilanziert. Und alle Schulden sehen in den Bilanzen gleich aus, egal ob die Regierung Schulden bei der Zentralbank macht oder Marta bei ihrer Bank. Dennoch sind Schulden in der Realität nicht gleich Schulden. Die Schulden der kanadischen Regierung und die Schulden einer Privatperson wie Marta haben sehr unterschiedliche Konsequenzen. Wenn wir Privatmenschen Schulden haben und sie nicht zurückzahlen können, bekommen wir ernsthafte rechtliche Probleme. Uns drohen Prozesse, Gerichtsvollzieher, Zwangsvollstreckung. Wir müssen also zusehen, dass wir das geschuldete Geld rechtzeitig irgendwie beschaffen. Denn wir sind nur die armen Nutzer des Geldes und dürfen es nicht selbst schöpfen. Selbst die Geschäftsbanken sind nur Nutzer der eigentlichen Währung und abhängig von den Krediten der Zentralbank. Sie sind pleite, wenn ihr Eigenkapital ins Minus rutscht. Dann entscheiden staatliche Institutionen, ob man sie schließt, rettet oder verstaatlicht.

Die Schulden des Staates sind dagegen anderer Natur. Denn der Staat hat das Währungsmonopol, er darf die Sorte Geld machen, die er schuldet. Die Zentralbank kann im Gegensatz zu einer normalen Geschäftsbank auch nicht pleitegehen. Und wenn die Regierung der Zentralbank Geld schuldet, dann steckt hinter beiden Rollen der Staat. Diesen Unterschied kann man auch sehr schön an unserem kanadischen Beispiel sehen. Wenn die Frist der Staatsanleihen abläuft und die Finanzministerin das Geld zurückzahlen muss – kommt sie dann in Bedrängnis? Nein. Denn die Finanzministerin muss im Gegensatz zu normalen Schuldnern nicht verzweifelt versuchen, irgendwo Geld für die Rückzahlung aufzutreiben, wenn sie keins hat. Sie kann einfach eine neue Staatsanleihe ausstellen und sich vom Zentralbankchef neues Geld machen lassen, mit dem sie dann die alte Schuld begleicht. Alte Schulden werden durch neue Schulden ersetzt. Am Schuldenstand ändert sich nichts, die Höhe der Staatsanleihen bleibt gleich, die Schuld wird einfach nur ein Stück weiter in die Zukunft verschoben. Kein Bibbern, kein Zittern, keine Unsicherheit – der kanadische Zentralbankchef ist gesetzlich verpflichtet mitzuwirken. (Und selbst die Zinsen, die die Finanzministerin an den Zentralbankchef zahlt, fließen am Ende des Jahres in den Regierungshaushalt zurück). Obwohl die staatliche Geldschöpfung ordentlich mit Schuld und Forderung in die Bilanzen der beiden Parteien eingetragen werden, handelt es sich im Grunde um ein Geschäft des Staates mit sich selbst. Er ist aufgrund seines Währungsmonopols gleichzeitig Gläubiger und Schuldner, er schafft das Geld.

An dieser Geschichte ändert sich auch nicht viel, wenn die Zentralbank die Anleihen in der Zwischenzeit an Banken, private Anleger oder sogar ausländische Investoren verkauft hat. Wenn die Anleihen fällig sind, wird die Finanzministerin das Gleiche tun, sie wird alte Schulden durch neue ersetzen: Sie verkauft neue Anleihen, um die Inhaber der auslaufenden zu bezahlen, wer auch immer das ist. Die kanadische Finanzministerin kann die neuen Anleihen wieder an die Zentralbank verkaufen – oder direkt an die Banken, wie in den meisten Ländern. Wenn sie an die Banken verkauft, kann sie sich darauf verlassen, dass die Zentralbank das nötige Geld schöpft, indem sie es den Banken leiht. Mit ihren Leitzinsen wird sie dafür sorgen, dass die Banken das Geld nutzen, um die neu ausgegebenen Anleihen zu kaufen. So ist dafür gesorgt, dass der Staat neue Anleihen immer platzieren kann. So hat die Regierung immer Geld, um fällige Anleihe zurückzuzahlen, unabhängig davon, wer sie hält. Es gibt nur einen Unterschied, wenn der private Sektor die Staatsanleihen hält und das sind die Zinsen – wenn es einen positiven Zins gibt. An Banken und private Investoren muss die Finanzministerin dann Zinsen bezahlen und bekommt das Geld nicht am Ende des Jahres zurück (wie es der Fall ist, wenn die Zentralbank selbst die Anleihen hält). Wenn die Zentralbank hohe Zinsen festsetzen muss, um die Inflation zu kontrollieren, dann könnte das hohe Kosten für den Staatshaushalt bedeuten oder unerwünschte Verteilungseffekte haben. Aber auch in solchen Hochzins-Zeiten hat die Regierung die Möglichkeit die Nutznießer:innen der hohen Zinsen zu besteuern und so für Ausgleich zu sorgen.

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