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Modernes Geld – Der Staat macht es möglich

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Lektion 2, Thema 7
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Welche Rolle spielen Staatsanleihen bei der staatlichen Geldschöpfung?

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Staatsanleihen sind Schuldscheine des Staates. Der Staat macht seine Schulden zu Wertpapieren, indem er sie verbrieft und an Banken und Private verkauft. Warum tut er das? Gemeinhin denken wir, er tut das, um das Geld zu bekommen, das er für seine Staatsausgaben braucht. Diese verbreitete Fehlannahme rührt her vom fehlenden Verständnis unseres zweistufigen Geldsystems. Die MMT-Analyse zeigt dagegen: Der Staat ist derjenige mit dem Währungsmonopol und der unerschöpflichen Zentralbank – wieso sollte dieser Staat sich das Geld von privaten Akteuren besorgen müssen, die diese Geld-Privilegien nicht besitzen? Und obendrein: woher sollten die Banken und Investor:innen das Geld haben, um den Staat zu finanzieren? Zumal wenn man bedenkt dass man mit dem Giralgeld der Banken gar keine Staatsanleihen kaufen kann. Staatsanleihen sind ausschließlich gegen Zentralbankgeld zu haben – dem Geld, das nur die staatliche Zentralbank herstellen kann.

Staatsanleihen führen uns auf eine falsche Fährte. Tatsächlich haben Staatsanleihen nicht den Sinn Geld für den Staat aufzutreiben, das er sonst nicht hätte. Staatsanleihen haben technische Funktionen im Finanz- und Wirtschaftssystem. Die wichtigste ist: Die Zentralbank braucht die Staatsanleihen, um die Geldmenge im Zentralbankgeld-Kreislauf zu regulieren, die sich durch die Staatsausgabe als Nebeneffekt erhöht. Die Zentralbankgeldmenge ist wichtig, um einen positiven Leitzins setzen zu können. Denn wenn zu viel Zentralbankgeld im Finanzsystem zirkuliert, sind die Banken kaum mehr darauf angewiesen, sich immer wieder kurzfristige Kredite zum jeweils aktuellen Leitzins bei der Zentralbank zu besorgen. Wir haben oben (in Frage 6) gesehen, dass Banken im zweistufigen Geldsystem immer das Zentralbankgeld in Giralgeld übersetzen müssen. Das führt zu einer gleich doppelten Geldschöpfung. Im Fall von Defizitausgaben erlischt nicht dieselbe Menge Zentralbankgeld wieder durch die Steuerzahlungen. Und so führen Defizitausgaben zu einer dauerhaften Erhöhung der Geldmengen in beiden Geldkreisläufen. Beabsichtigt ist aber nur, die Nachfrage im unteren realwirtschaftlichen Kreislauf zu unterstützen. Der Anstieg der Zentralbankgeldmenge ist dagegen eine unerwünschte Nebenwirkung. Indem aber gleichzeitig immer Staatsanleihen in der Höhe des staatlichen Defizits an die Banken verkauft werden, saugen die Staatsanleihen das überflüssige Zentralbankgeld wie ein Schwamm wieder auf. Und so müssen die Banken weiter regelmäßig Kredite zum Leitzins bei der Zentralbank nachfragen.

Lange Zeit war der Leitzins das wichtigste Werkzeug für die Geldpolitik der Zentralbanken. In einer Null-Zins-Phase wie der aktuellen wären Staatsanleihen für die Zentralbanken somit verzichtbar. Aber zum einen hoffen viele noch auf eine Rückkehr der Zinsen in der Zukunft und ein Comeback der „normalen“ Geldpolitik. Und ganz generell sind Staatsanleihen aus dem Finanzsystem schwer wegzudenken. Sie sind die sicherste mögliche Anlageform und unverzichtbarer Teil des Geschäftsmodells von Banken und Versicherungen.

Auch private Sparer:innen schätzen Staatsanleihen. Und hier kommt ein weiterer Aspekt ins Spiel: In ökonomisch prosperierenden Zeiten helfen Staatsanleihen, die von Banken an Private weiterverkauft werden, Inflation entgegenzuwirken. Es ist wie bei der Steuerzahlung. Wenn private Anleger:innen Staatsanleihen von der Regierung kaufen, übersetzen wiederum die Banken in der Mitte. Sie streichen Giralgeld und schicken Zentralbankgeld weiter. Auf diese Weise wirken die Staatsanleihen wie ein Schwamm sowohl gegen das überflüssige Zentralbankgeld der Banken. Sie ziehen aber auch einen Teil des Giralgelds, das durch die Defizitausgaben geschaffen wurde, wieder aus dem Verkehr. Das Geld der Privaten verschwindet nicht, wie bei der Steuerzahlung, aber es wird für eine festgesetzte Zeit eingefroren. Die Leute tauschen ihr flüssiges Giralgeld gegen eine feste Anlage und verschieben somit ihren Konsum für einen berechenbaren Zeitraum. Dadurch bleibt die Nachfrage in der Realwirtschaft stabil, was inflationären Tendenzen entgegenwirkt.

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