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Lektion 2, Thema 1
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Vielfältige ökologische Krisen

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Seit den 1970er Jahren wird vermehrt auf die zunehmenden ökologischen Probleme durch die industrielle Produktionsweise und das westliche Zivilisationsmodell hingewiesen. Mittlerweile spricht man von vielfältigen ökologischen Krisen, allen voran die Klimakrise, an deren Anfang wir stehen. Auf fossilen Brennstoffen basierende Energiegewinnung, Verkehrsinfrastruktur und industrielle Landwirtschaft stoßen Treibhausgase aus, die verhindern, dass die Wärme der Sonne aus der Erdatmosphäre entweicht. Heute ist die Konzentration der Treibhausgase in der Erdatmosphäre die höchste in den letzten 800.000 Jahren. Die Folge ist ein Temperaturanstieg, welcher im globalen Durchschnitt seit der Zeit vor der Industriellen Revolution bereits mehr als ein Grad Celsius beträgt. Das verändert auch den Wasserzyklus radikal. Die Erdatmosphäre nimmt in kürzeren Zeiträumen mehr Wasser auf, Niederschläge werden unregelmäßiger und heftiger. Überflutungen und längere Trockenperioden, Schneechaos, Waldbrände, Hurrikans und andere Wetterextreme sind die Folge.

Besonders gefährlich ist dies, da Erdsysteme nicht wie Maschinen linear funktionieren. So treten beispielsweise beim Überschreiten von sogenannten Kipppunkten unvorhersehbare und sich teils gegenseitig verstärkende Veränderungen ein. Genau bestimmen kann man diese Kipppunkte im Voraus nicht und ein Überschreiten dieser ist meist irreversibel. So führt die Erderwärmung beispielsweise zum Auftauen des Permafrosts in der Arktis, welcher organische Substanzen enthält. Das Auftauen ermöglicht die Zersetzung von Bakterien, die Methan freisetzen. Durch diese Freisetzung großer Mengen von Methan wird die globale Erwärmung weiter beschleunigt. Weiters beeinflusst das Schmelzen des arktischen Eises Meeresströmungen wie den Golfstrom, die unser Wetter und unsere Jahreszeiten stabilisieren, wodurch es zu radikalen und ungewöhnlichen Hitze- und Kälteperioden kommen kann. Diese können nicht nur die Nahrungsmittelerträge verringern und zu mehr Ernteausfällen führen. Hitze und Dürre befördern auch Waldbrände, was wiederum den Verlust von CO2-speichernden Wäldern bedeutet. Erdsystem und Klima sind komplex – sie können vom Mensch nicht komplett reguliert werden.

Gleichzeitig schrumpft die Artenvielfalt in einem alarmierenden Tempo: Schon heute gibt es rund 20 Prozent weniger Arten als zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Und weltweit ist ein Achtel unserer Tier- und Pflanzenarten vom Aussterben bedroht. Vor allem die industrielle Landwirtschaft trägt durch die Abholzung von Wäldern und den Einsatz von Pestiziden und Maschinen in einem noch nie dagewesenen Ausmaß zum Artensterben bei. Auch die zunehmende Konzentration der Luftverschmutzung durch Industrie- und Autoabgase, Feinstaub und das Heizen und Kochen mit Holz oder Kohle verursacht ernsthafte Probleme. Neben der Beschleunigung des Klimawandels führt die Luftverschmutzung zu Herzkrankheiten, Schlaganfällen, Lungenerkrankungen und Krebs. Luft-, Wasser- und Bodenschadstoffe verursachen weltweit neun Millionen Todesfälle, dreimal so viele wie AIDS, Tuberkulose und Malaria zusammen.

Um ein weiteres Eskalieren der Klimakrise zu verhindern, haben sich die Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen (UNO) darauf geeinigt, der Anstieg der globalen Mitteltemperatur gegenüber der vorindustriellen Zeit  „deutlich unter 2 Grad Celsius“ zu halten, 1,5 Grad werden angepeilt. Um die Erderwärmung auf zwei Grad zu begrenzen müssen bis 2050 die Treibhausgasemissionen im Vergleich zu 2010 um 40 Prozent bis 70 Prozent gesenkt werden und 2100 bei null liegen. Gelingt diese Trendwende nicht, werden Teile der Erde für Menschen noch in diesem Jahrhundert unbewohnbar. Naturkatastrophen treffen ärmere Länder und marginalisierte Gruppen härter. Während die Niederlande durch kostenintensive Dämme vor dem steigenden Meeresspiegel geschützt sind, gibt es in Bangladesch keinen vergleichbaren Schutz. Mit klimatischen Extremsituationen gehen große Fluchtbewegungen einher. Laut Weltbank könnten bis 2050 mehr als 140 Millionen Menschen durch klimatische Veränderungen zur Flucht gezwungen sein. Dennoch werden die Folgen der Klimakrise noch immer nicht für die Gewährung von Asyl anerkannt.

Historisch gesehen sind die früh industrialisierten und heute reichen Länder Europas und Nordamerikas für den größten Teil der Emissionen und damit für die Überschreitung der planetarischen Grenzen verantwortlich. Betrachtet man die Pro-Kopf-Emissionen, so belasten auch heute die wenigen Reichen den Planeten. Während die ärmere Hälfte der Weltbevölkerung nur etwa 10 % der globalen Gesamtemissionen ausstößt, sind die reichsten 10 % für rund 50 % verantwortlich.4 Ulrich Brand und Markus Wissen sprechen von einer „imperialen Lebensweise“ in Europa und den USA, einem nicht-nachhaltigen Lebensstil auf Kosten anderer. Diese ist auf globalen Ungleichheiten und Ausbeutung aufgebaut. Vom aktuellen Produktions- und Konsummodell des Westens profitieren Öl- und Autokonzerne sowie die Konsumenten in reichen Ländern. Die europäische Bevölkerung kann zu geringen Kosten auf Rohstoffe und Konsumgüter aus anderen Teilen der Welt zugreifen. Um die planetarischen Grenzen zu respektieren, muss der Ressourcenverbrauch begrenzt werden, was die Verteilungskonflikte verschärfen wird. Bis vor kurzem wurden die Kosten vor allem auf zukünftige Generationen und den Globalen Süden abgewälzt. Zweiteres wird zusehends schwieriger, denn die Vormacht des Westens wankt.

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