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Bei wirtschaftlichen Ungleichgewichten unterscheiden sich die Empfehlungen der beiden politischen  Richtungen grundsätzlich, da sie von unterschiedlichen Annahmen über die Funktionsweise der  Wirtschaft ausgehen. So lehnt die neoklassische Schule Konjunkturpolitik zu Steigerung der  Nachfrage ab, weil dies zu Preissteigerungen führen würde. Denn diese Theorie geht davon aus, dass  die Wirtschaft sich immer im Zustand der Vollbeschäftigung befindet. Infolgedessen scheut sie den  Einsatz der Fiskalpolitik, deren Hauptziel darin besteht, die Nachfrage zu beeinflussen. In der  neoklassischen Theorie werden die Ungleichgewichte durch die Flexibilität der Preise und die  automatischen Mechanismen des Marktes ausgeglichen. Das neoklassische Modell setzt allein auf  diese Anpassungsmechanismen und lehnt jede andere staatliche Intervention ab. 

Bei der Geldpolitik geht das Modell davon aus, dass die Schwankungen der Geldmenge langfristig  keine großen Auswirkungen auf das Einkommen haben. Denn wenn das Vollbeschäftigungsniveau  einmal erreicht ist, kann es nicht mehr überschritten werden. Kurzfristig ist die Geldpolitik jedoch ein  geeignetes Mittel, um die Nachfrage zu steigern oder zu senken, da die schwankenden Zinssätze den  Verbrauch, die Investitionen und die Kreditvergabe steuern. Zusammenfassend lässt sich sagen: das  neoklassische Modell sagt vorher, dass eine expansive Ausgabepolitik nur zu Preissteigerungen  führen wird. Daher ist für die Propagandist:innen dieses Modells die Geldpolitik das wichtigste  Instrument zur Behebung von makroökonomischen Ungleichgewichten. 

Im Gegensatz dazu ist für Keynesianer:innen das wichtigste Instrument zur Intervention in die  Wirtschaft die Fiskalpolitik, da sie sich direkt auf die Nachfrage auswirkt. Durch die Erhöhung der  öffentlichen Ausgaben steigt die Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen, wodurch das  allgemeine Einkommen steigt. Der Anstieg des Konsums wiederum weckt positive  Zukunftserwartungen, die zu einem weiteren Anstieg der Investitionen führen. Auf diese Weise  kommt es zu einer Reihe von Kettenreaktionen, an deren Ende der Anstieg des allgemeinen  Einkommens und des Bruttoinlandsprodukts (BIP) steht. Dieser Effekt übersteigt die Wirkung der ursprünglichen Ausgaben, weswegen er von den Keynesianer:innen als Multiplikatoreffekt  bezeichnet wird. Das keynesianische Modell verlangt also die Anpassung der Fiskalpolitik und damit  der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage, um die notwendigen Veränderungen in einer Krisensituation  herbeizuführen. 

Für Keynesianer:innen unterscheiden sich die Mechanismen der Geldpolitik nicht von denen im  neoklassischen Modell. Alle sind sich einig: wenn der Zinssatz hoch ist, haben die Akteure mehr  Anreize zu sparen, und wenn der Zinssatz niedrig ist, haben sie mehr Anreize zu investieren und zu  konsumieren. Der Unterschied liegt jedoch in der Beurteilung der Wirksamkeit der Geldpolitik. Zum  einen stellen Keynesianer:innen die Wirkung einer Zinssenkung zur Ankurbelung der Wirtschaft ganz  generell in Frage. Denn Investitionsentscheidungen hängen von vielen anderen Variablen als nur  vom Zins ab: von den erwarteten Gewinnen, von der aktuellen wirtschaftlichen Situation und von  den Zukunftserwartungen der Unternehmen. Zum anderen bezweifeln die Keynesianer:innen insbesondere die Wirkung der Geldpolitik in Zeiten der Rezession. Denn während in einer  expansiven Phase viele Kredite beantragt und gewährt werden und sich so die Geldschöpfung durch  die Banken erhöht, passiert in der rezessiven Phase das Gegenteil: mehr Kredite werden  zurückgezahlt als aufgenommen, weswegen sich die Menge des Giralgeldes automatisch verringert. Der private Sektor verhält sich also prozyklisch und vergrößert damit die Krise. Die Kette, über die  Schwankungen der Geldmenge monetäre Impulse auf die Wirtschaft überträgt, ist unterbrochen. In dieser Situation kann nur die Geldschöpfung durch Defizitausgaben helfen. Aus diesem Grund  argumentieren Keynesianer:innen, dass die Geldpolitik nicht in der Lage ist, einen Anstieg von  Produktion, Einkommen und Beschäftigung zu erzielen. 

Ausgehend von den Hauptgedanken, auf denen die beiden Modelle ihre Theorien aufbauen, können  wir ihre unterschiedlichen Handlungsanweisungen wie folgt vereinfachen: 

Annahmen der Modelle neoklassisch keynesianisch
Preise flexibel starr
Beschäftigung Vollbeschäftigung Unterbeschäftigung
Anpassungsmechanismen Preise Zinsen, Einkommen
Staatliche Interventionen Nein, Märkte können sich  automatisch regulierenJa, die Wirtschaft braucht  Regulierung 
Fiskalpolitik Nein, höhere Staatsausgaben  würden nur zu steigenden  Preisen führen, weil die  Wirtschaft sich bereits im  Zustand der Vollbeschäftigung  befindet. Ja, das Gleichgewicht kann  durch höhere Staatsausgaben  wiederhergestellt werden,  dank der Beeinflussung der  Nachfrage und des  Multiplikatoreffekts.
Geldpolitik Zinsänderungen werden zum  Eingriff in Ungleichgewichte  genutzt – haben aber nur  einen kurzfristigen Effekt.Nein, Zinsraten sind nicht  effizient um Wachstum,  Einkommen und Beschäftigung zu beeinflussen. 
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