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Die Reaktion auf die Krisen seit den 1970er Jahren, einschließlich der von 2008, wurde von der  Wirtschaftspolitik der konservativen Revolution inspiriert. Sie begann fast zeitgleich im Vereinigten  Königreich, mit dem Wahlsieg von Margaret Thatcher 1979, und in den Vereinigten Staaten, mit der  Wahl von Ronald Reagan (1980). Beide gaben eine konservative, neoliberale, marktorientierte  Antwort auf die wirtschaftlichen, sozialen und politischen Probleme. Beide formulierten zu Beginn ihrer Amtszeit zwei neue wirtschaftspolitische Ziele: die Senkung der Inflation und die Verringerung  des Haushaltsdefizits. Sie setzten dabei auf den Marktmechanismus zur Erzielung maximaler  Effizienz bei automatischen Gleichgewichten und auf Individualismus anstelle von Kooperation. 

Diese konservative Antwort beinhaltete eine Reihe von Strukturanpassungen. Sie sollten Hürden für  die Privatinitiative beseitigen, den Unternehmen Gewinne ermöglichen und das Gleichgewicht der  sozialen Kräfte verändern. Die Anpassungspolitik zielte auf die Verringerung der Nachfrage und  insbesondere auf die Verringerung des Handelsbilanzdefizits. Dazu nutzte sie traditionelle Nachfrage-Instrumente in einem restriktiven Sinne: Kontrolle der Geldmenge und der Kredite,  Kürzung der öffentlichen Ausgaben, Kontrolle der Löhne und Abwertung der nationalen Währung.  Gleichzeitig wurde dieses Modell begleitet von Maßnahmen zur Lockerung der Arbeitsmarktgesetze,  zur Liberalisierung der Finanzmärkte und zur Begrenzung der staatlichen Interventionen. 

Diese makroökonomische Korrekturmechanismen wurden mehr oder weniger intensiv in fast allen  Ländern der Welt angewandt. So reagierte auch die Europäische Union nach der großen Krise von  2008 mit einer Verschärfung der so genannten Austeritätspolitik, umgesetzt von der Troika. Dabei handelte es sich um ein Programm von Europäischer Kommission, Internationalem Währungsfonds (IWF) und der Europäischen Zentralbank (EZB), das bestimmten Ländern – Griechenland, Irland,  Portugal, Zypern, Spanien, Ungarn, Lettland und Rumänien – auferlegt wurde. Sparmaßnahmen  mussten umgesetzt werden, um im Gegenzug finanzielle Unterstützung zu erhalten. Zuvor hatten  die Staaten die riesige Rechnung aus der Rettung des Bankensektors übernommen. Zur Bewältigung  der daraus resultierenden Staatsschulden wurden dann starke Kürzungen bei den öffentlichen  Ausgaben und insbesondere bei den Sozialausgaben verlangt, um die Bilanzen der Staaten wieder zu  korrigieren. Diese Kürzungen der öffentlichen Ausgaben erzeugten jedoch einen negativen  Multiplikatoreffekt, der viel größer war als erwartet. Statt die Lage zu verbessern, führte dies zu  einer erneuten Rezession in fast ganz Europa, mit der unvermeidlichen Folge von mehr  Arbeitslosigkeit und mehr Schulden. Deutschland hat diese Sparmaßnahmen in den genannten Ländern am stärksten betrieben, während es der Krise im eigenen Land paradoxerweise gleichzeitig  mit Konjunkturprogrammen zur Ankurbelung der Binnennachfrage begegnete.  

Auch in weniger entwickelten Ländern wurden Austeritätspolitiken durchgesetzt. Wie bereits  analysiert, folgten auf Wirtschaftskrisen regelmäßig Probleme der Auslandsverschuldung: Die konservativen Maßnahmen zielten hauptsächlich auf die Verringerung des staatlichen  Haushaltsdefizits. Daraufhin kamen internationale Organisationen “zur Rettung” und gewährten  Darlehen mit strengen Auflagen. Auf diese Weise sorgten die “Hilfsorganisationen”, die Weltbank  und der IWF, dafür, dass die Regierungen der Schwellenländer den Grundsätzen und Interessen der  großen Gläubigermächte entsprachen. Um die Zahlungen zu gewährleisten, waren die Regierungen  gezwungen, Konsum, Importe sowie öffentliche Ausgaben zu senken. Ein Ergebnis, das auch nach  der vorherrschenden liberalen Überzeugung als schädlich galt. 

Die Folgen waren überall gravierend, besonders verheerend aber in den ärmeren Ländern, wo der  Abbau des Sozialstaates zu einem enormen Anstieg von Armut, Arbeitslosigkeit und sozialen  Unruhen führte, und zwar in einem nie zuvor gesehenen Maße. Kurz gesagt, die Austeritätspolitik  hat es den Unternehmen bisher ermöglicht, ihre Gewinne zu steigern und das soziale  Kräfteverhältnis zu verändern, aber sie war weder in der Lage dauerhafte Stabilitäts- und  Wohlstandsphasen zu erzeugen, noch hat sie die großen wirtschaftlichen Probleme wie  Massenarbeitslosigkeit, Ressourcenverschwendung, Armut und Ungleichheit verhindert.

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