Ökonomische Strategien zur Bewältigung von Krisen: Austerität oder staatliche Investitionen?
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Überblick
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Hintergrundinformationen9 Themen
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Einführung
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Krisen-Instrumente: Fiskal- und Geldpolitik
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Welche Vorschläge und welche politischen Instrumente enthalten die beiden Modelle bei wirtschaftlichen Ungleichgewichten?
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Folgen der einzelnen wirtschaftspolitischen Entscheidungen
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Die Große Depression und das keynesianische Modell
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Die Ölkrise und das Ende des Wohlfahrtsstaates
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Das neoliberale Modell und die Finanzkrise 2008
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Die konservative Antwort: Austerität
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Die antizyklische Reaktion: wie staatliche Investitionen aussehen könnten
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Einführung
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Endnoten
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Glossar
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Quellen und Verweise
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Krisen-Instrumente: Fiskal- und Geldpolitik
Wirtschaftspolitik versucht, im Fall von krisenhaften Ungleichgewichten einzugreifen. Die beiden wichtigsten Instrumente des Staates sind dabei die Fiskal- und die Geldpolitik.
Fiskalpolitik: Sie ist das wichtigste staatliche Werkzeug, um die Nachfrage nach Waren und Dienstleistungen zu beeinflussen. Fiskalpolitik bezeichnet die Politik zur Koordinierung öffentlicher Einnahmen und Ausgaben. Die öffentlichen Ausgaben setzen sich aus folgenden Posten zusammen:
– Laufende Ausgaben: sie fallen an für die Entlohnung der Beschäftigten im öffentlichen Dienst, den Erwerb von Waren und Dienstleistungen sowie für laufende Transferleistungen. – Öffentliche Investitionen: mit ihnen ermöglicht der Staat die Kapitalbildung in der Wirtschaft und das Weiterfließen von Kapital in andere Sektoren.
– Finanzausgaben: Ausgaben, die sich aus der angesammelten Staatsschuld ergeben, insbesondere für den Zinsdienst.
Natürlich müssen die öffentlichen Ausgaben finanziert werden. Die öffentlichen Einnahmen können aus drei Quellen stammen:
– Verkauf von Waren und Dienstleistungen, die von öffentlichen Unternehmen produziert werden,
– Erheben und Eintreiben von Zahlungen, also hauptsächlich Steuern,
– Erhöhung der Staatsverschuldung.
Durch die Steuerung der beiden Komponenten der Fiskalpolitik (Einnahmen und Ausgaben) erzeugen die Regierungen diverse Veränderungen in der Wirtschaft:
– Die Nachfrage kann durch eine Erhöhung der öffentlichen Ausgaben gesteigert werden. – Die verfügbaren Einkommen können durch Steuersenkungen erhöht werden, ebenso wie Konsum und Nachfrage.
– Unternehmensinvestitionen können durch Steuergutschriften oder die Senkung der Steuerbelastung von Gewinnen gefördert werden.
Geldpolitik: Dies sind alle Interventionen, die von der Zentralbank eines Landes durchgeführt werden, um die Geldschöpfung zu beeinflussen und so zur Erreichung bestimmter Ziele beizutragen. Der Staat steuert die Geldpolitik, indem er die Leitzinsen festlegt. So wird die Giralgeldschöpfung der Banken durch Kreditvergabe gebremst oder befeuert, und somit auch die Investitionen und der Konsum.
Der Ausgangspunkt der Geldpolitik ist die Beeinflussung der umlaufenden Geldmenge durch Änderungen der Zinssätze auf dem Geldmarkt: Wenn die Geldmenge steigt, sinkt der Zinssatz und umgekehrt. Die Zinsschwankungen beeinflussen einerseits die Geldschöpfung der Banken, denn bei niedrigen Zinsen haben die Banken mehr Anreize zur Kreditvergabe. So erhöhen sich Investitionen und Konsum, die Realwirtschaft wird angekurbelt. Andererseits beeinflussen die Zinssätze das Sparverhalten der Bürger, da niedrige Zinsen nicht zum Sparen von erwirtschaftetem Geld ermutigen. Auch auf diese Weise wird der Konsum gesteigert und die Realwirtschaft angekurbelt.
Sowohl durch die Beeinflussung der Konsum- oder Sparentscheidung wie auch über die Erleichterung der Kreditvergabe können sich Änderungen der Zinssätze auf die Gesamtnachfrage auswirken, und somit auch auf das Produktions-, Einkommens- und Beschäftigungsniveau. Dennoch gilt die staatliche Fiskalpolitik als die direkteste Intervention, denn nur sie greift unmittelbar in die Realwirtschaft ein. Die Zinspolitik dagegen greift zunächst in den Geldmarkt ein und erst danach in die Realwirtschaft und ist daher weniger direkt und weniger effektiv. Das Instrument der niedrigen Zinsen wirkt auch deswegen nur indirekt, weil es auf zusätzliche Entscheidungen der privaten Wirtschaftsteilnehmer:innen angewiesen ist. Diese sollen veranlasst werden bei der Bank Kredite zu beantragen, so dass neues Geld für Investitionen und Konsum geschaffen wird. Die letztendliche Entscheidung zur Ankurbelung der Wirtschaft wird also dem oftmals störrischen privaten Sektor überlassen. Denn für Unternehmen und Haushalte ist der Kreditzins bei Investitions- und Konsumentscheidungen nur ein Faktor unter vielen – und dabei nicht einmal der wichtigste.
Die Fiskalpolitik hingegen schafft direkt neues Geld, das in der Wirtschaft ausgegeben wird. Es wird direkt von der Regierung auf die Bankkonten des privaten Sektors überwiesen, der keine weiteren Entscheidungen treffen muss – das Geld ist direkt verfügbar und bereit, Nachfrage zu schaffen. Vor
allem funktionieren Staatsausgaben auch dann, wenn der Leitzins nicht mehr hilft (wenn er zum Beispiel nicht unter null sinken kann) und der gesamte private Sektor prozyklisch handelt.