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Die gängige ökonomische Erklärung für Schuldenkrisen ist, dass sie dadurch verursacht  werden, dass Regierungen mehr Geld ausgeben als sie sich “leisten” können, d.h. dass ihre  Gesamteinnahmen niedriger sind als ihre Gesamtausgaben. Diese Erklärung der  Schuldenkrise ist der neoklassischen Schule zuzuordnen, die ausgeglichene Haushalte als  Inbegriff einer guten Wirtschaftsführung ansieht.  

Die Verfechter der globalen Schuldengerechtigkeit vertreten eine andere Auffassung  darüber, wie Schuldenkrisen entstehen. Sie sind der Meinung, dass Staatsschuldenkrisen  nicht einfach auf übermäßige Staatsausgaben zurückgeführt werden können. Schließlich  geraten viele Länder mit hoher Staatsverschuldung und hohen Staatsausgaben nie in eine  Schuldenkrise – wie beispielsweise die Vereinigten Staaten. 

Stattdessen sind die Verfechter der Schuldengerechtigkeit der Ansicht, dass  Staatsschuldenkrisen aus komplexen und vielfältigen Gründen entstehen.
Zum Beispiel: 

● Viele Schulden – vor allem im globalen Süden – haben ihren Ursprung im  Kolonialismus und der erzwungenen ungleichen Entwicklung des globalen Südens.

● Viele Schulden entstanden durch die Kreditvergabe offizieller Kreditgeber (des IWF,  der Weltbank, reicher Regierungen) an korrupte Staatschefs, von denen bekannt  war, dass sie Kredite zur persönlichen Bereicherung oder zur Finanzierung von  Kriegen verwendeten. Diese Regierungen wurden oft von reichen Verbündeten wie  den Vereinigten Staaten an der Macht gehalten. 

● Ein Großteil der Schulden entstand durch unverantwortliche Kreditvergabe (durch  multilaterale, bilaterale und private Kreditgeber) an Länder, die eindeutig nicht in der  Lage waren, die Kreditrückzahlungsbedingungen zu erfüllen. Dies geschieht,  aufgrund finanziellen Anreize zur Kreditvergabe, weil die Kreditgeber an den Zinsen  verdienen. Das Fehlen der Androhung von Kreditabschreibungen, im Falle der  Unmöglichkeit der Rückzahlung, ist ein moralischer Fehlanreiz, der die Vergabe von  unverantwortlichen Krediten begünstigt. 

● Oft ist die Schuldenlast durch das Scheitern von Wirtschaftsreformen gestiegen, die  den Ländern des Globalen Südens als Bedingung für die Kreditvergabe auferlegt  wurden. 

● Manchmal resultiert die Staatsverschuldung aus der Verstaatlichung privater  Unternehmensschulden, wie zum Beispiel in Irland wo die Regierung die Schulden  von Bankern übernahm. So lässt sich der weltweite Anstieg der Staatsverschuldung  seit 2010 auf staatliche Rettungsaktionen für private Unternehmen in der letzten  Finanzkrise zurückführen.  

● Wenn ein Land aus einem der oben genannten Gründe eine untragbare Schuldenlast  entwickelt, besteht oft die einzige Möglichkeit, den Bankrott zu vermeiden, darin,  noch mehr Kredite aufzunehmen. Dies führt zu einem Teufelskreis, in dem die  Verschuldung immer weiter ansteigt.  

Die Modern Monetary Theory bietet weitere Erklärungen und Theorien zu den Ursachen von  Staatsschuldenkrisen, die im FreshUP-Artikel zu diesem Thema näher erläutert werden.

Eine Geschichte der Staatsschuldenkrisen2  

“Wir sind der Meinung, dass die Schulden vom Standpunkt ihrer Entstehung aus betrachtet  werden müssen. Die Ursprünge der Schulden gehen auf die Ursprünge des Kolonialismus  zurück. Diejenigen, die uns Geld leihen, sind die gleichen, die uns zuvor kolonisiert haben.  

Es sind diejenigen, die früher unsere Staaten und Volkswirtschaften verwaltet haben.” – Thomas Sankara, ehemaliger Präsident von Burkina Faso (1987) 

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