Das folgende Beispiel zeigt, wie die Theorie des komparativen Vorteils mit einem fiktiven Beispiel des internationalen Handels funktioniert. Nehmen wir an, dass Tschechien und Polen derzeit Bier und Äpfel produzieren. Die Bürger konsumieren ihre eigenen einheimischen Produkte. In Polen wird 1 Stunde Arbeit benötigt, um 1 Flasche Bier oder 2 kg Äpfel zu produzieren. In Tschechien wird 1 Stunde Arbeit benötigt, um 4 Flaschen Bier oder 3 kg Äpfel zu produzieren. Die Tabelle zeigt die Effizienz jeder Nation bei der Produktion von Bier und Äpfeln (Arbeitsproduktivität).
Tabelle 1. Bier- und Apfelproduktivität in Tschechien und Polen.
| Bier | Äpfel | |
| Tschechien | 4 | 3 |
| Polen | 1 | 2 |
Offensichtlich ist die Produktivität der tschechischen Arbeiter*innen höher als die der polnischen Arbeiter*innen, da sie in 1 Stunde mehr Bier und mehr Äpfel produzieren können (Tab.1). Man kann sagen, dass 1 Flasche Bier in Tschechien billiger ist, weil sie 0,25 Arbeitsstunden kostet, im Vergleich zu Polen, wo 1 Flasche Bier 1 Arbeitsstunde kostet. Ähnlich ist 1 kg Äpfel in Tschechien mit dem Preis von 0,33 Arbeitsstunden billiger als in Polen, wo die Kosten 0,5 Arbeitsstunden betragen.
Es ist offensichtlich, dass Tschechien einen absoluten Vorteil bei der Produktion von Bier und Äpfeln hat (Tab.2). Beide Produkte sind in Tschechien einfach billiger zu produzieren als in Polen (unter der Annahme gleicher Arbeitskosten). In dieser Situation stellt sich die Frage, ob Tschechien sich entscheiden sollte, beide Produkte im Inland zu produzieren, oder ob es immer noch möglich ist, einige Gewinne durch Spezialisierung und Handel zu erzielen.
Tabelle 2. Produktionskosten (in Arbeitsstunden) für eine Flasche Bier und ein Kilogramm Äpfel in Tschechien und Polen.
| Bier | Äpfel | |
| Tschechien | 0,25 | 0,33 |
| Polen | 1 | 0,5 |
Tabelle 3. Maximale Produktion von Bier oder Äpfeln in Tschechien und Polen unter Spezialisierung.
| Produktivität | Verfügbare Arbeitsstunden | Maximale Produktion | |||
| Bier | Äpfel | Bier | Äpfel | ||
| Tschechien | 4 | 3 | 8 | 32 | 24 |
| Polen | 1 | 2 | 10 | 10 | 20 |
Nehmen wir an, dass Tschechien 8 Arbeitsstunden und Polen 10 Arbeitsstunden zur Verfügung hat. Mit diesen Ressourcen können Tschechien und Polen unterschiedliche maximale Produktionsergebnisse erzielen (Tab. 3).
Die Ergebnisse aller möglichen Produktionsergebnisse werden in einem Diagramm dargestellt (Abb.1). Obwohl Tschechien über weniger Ressourcen verfügt (8 Arbeitsstunden) als Polen (10 Arbeitsstunden), kann Tschechien mehr Bier oder Äpfel produzieren als Polen. Das ist so, weil Tschechien eine höhere Produktivität hat (absoluter Vorteil).
Abbildung 1. Möglicher Produktionsmix von Bier und Äpfeln in Tschechien und Polen.
Nehmen wir an, dass beide Länder anfangs ein gemischtes Ergebnis von Bier und Äpfeln produzierten. Tschechien produzierte 20 Flaschen Bier und 9 kg Äpfel. Polen produzierte 5 Flaschen Bier und 10 kg Äpfel. Die Gesamtproduktion betrug 25 Flaschen Bier und 19 kg Äpfel. (Tab.4) Nun beschließt jedes Land, sich auf die Produktion von nur einem Produkt zu spezialisieren. Wenn man sich die Produktionskosten ansieht, ist es klar, dass in Tschechien Bier relativ billiger zu produzieren ist als Äpfel. Das ist der komparative Vorteil Tschechiens. In Polen ist die Situation genau umgekehrt, hier ist die Produktion von Äpfeln relativ billiger als die von Bier (Tab.2). Deshalb ist es der komparative Vorteil Polens. Daher scheint es offensichtlich, dass Tschechien sich für die Produktion von Bier und Polen für die Produktion von Äpfeln entscheidet.
Tabelle 4. Anfängliche Mischproduktion von Bier und Äpfeln in Tschechien und Polen.
| Bier | Äpfel | |
| Tschechien | 20 | 9 |
| Polen | 5 | 10 |
| Gesamtproduktion | 25 | 19 |
Nach der Spezialisierung steigt die Gesamtproduktion von Bier und Äpfeln an (Tab.5). Insgesamt sind es 32 Flaschen Bier im Vergleich zu 25 vorher und 20 kg Äpfel im Vergleich zu 19 vorher. Die Frage ist, wie die Güter zwischen den Ländern ausgetauscht werden können, um die Binnennachfrage zu befriedigen. Wenn Tschechien 20 Flaschen Bier und Polen 10 kg Äpfel haben möchte, kann die Überproduktion getauscht werden. Unter dieser Annahme kann eine Überproduktion an Bier in Tschechien (32 – 20 = 12) gegen Äpfel getauscht werden. In ähnlicher Weise kann in Polen eine Überproduktion von Äpfeln (20 – 10 = 10) gegen Bier getauscht werden. Folglich kann Tschechien bis zu 12 Flaschen Bier nach Polen exportieren und Polen kann bis zu 10 kg Äpfel exportieren (Tab. 6).
Tabelle 5. Produktion von Bier und Äpfeln in Tschechien und Polen nach der Spezialisierung.
| Bier | Äpfel | |
| Tschechien | 32 | 0 |
| Polen | 0 | 20 |
| Gesamtproduktion | 32 | 20 |
Schließlich ist es eine Verhandlungssache, wie viele Flaschen Bier Tschechien im Austausch für 10 kg Äpfel nach Polen schickt. Tschechien kann sich entscheiden, für 10 kg Äpfel aus Polen 12 Flaschen Bier oder weniger zu exportieren. Dennoch sind beide Länder durch Spezialisierung und internationalen Handel in einer besseren Situation als früher. Das Volumen des Konsums in Tschechien und Polen ist höher als es ohne Austausch möglich war (Abb.2).
Tabelle 6. Angangsangebot, Export und Angebot nach Austausch.
| Angangsangebot | Export | Angebot nach Austausch | ||||
| Bier | Äpfel | Bier | Äpfel | Bier | Äpfel | |
| Tschechien | 20 | 9 | 12 | 0 | 20 | 10 |
| Polen | 5 | 10 | 0 | 10 | 12 | 10 |
| Total | 25 | 19 | 12 | 10 | 32 | 20 |
Abbildung 2. Verbrauch von Bier und Äpfeln in Tschechien und Polen vor und nach dem Handel.
